Text: Fritz Block, reformierter Pfarrer i.D., Finnland/Schweiz
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Neulich sprach mich ein junger Mann an, den ich schon von früher kannte. Er sagte mir: «Ich weiss jetzt, was es mit dem Glauben an Gott auf sich hat, was Gott will. Es ist die Liebe! Wir sollen einfach unsere Mitmenschen lieben.» So etwas höre ich immer wieder einmal; es hört sich logisch und gut an und ist auch gut. Es ist die eine Seite der Medaille, und sie passt gut zur diesjährigen Jahreslosung! Liebe, Gutes tun! Viele Christen, auch traditionelle Kirchenchristen, haben Enormes in aktiver Nächstenliebe für einzelne Menschen oder auch für die Gesellschaft insgesamt geleistet: Brockenstuben, Gassenküchen, Waisenhäuser, früher auch Armen- und Krankenhäuser! Schulen entstanden, weil Christen aus Liebe Kindern Bildung vermitteln wollten. Vorher waren Kinder einfach willkommene Arbeitskräfte.
Wo wären Entwicklungshilfe, Friedensinitiativen, Frauenbewegungen zur Erreichung der Gleichberechtigung, die Demokratie. Das darf niemals unterbewertet werden, denn die Motivation ist oft die Liebe zu den Menschen. Wir alle profitieren davon. Viele Menschen handeln genau nach diesem Prinzip: In Liebe Gutes tun! Gott freut das! So steht es auch in der Bibel: «Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in ihm.»
Vor einigen Monaten machte ich eine interessante Erfahrung: Ich war auf einem Einsatz in Indien an verschiedenen Orten. An einem Flughafen holte mich niemand ab, obwohl ich alles organisiert hatte. Dann kam ein Mann auf mich zu und wollte helfen. Ich lehnte ab. Nach 20 Minuten, als noch immer niemand mich abholen kam, kam er wieder. Er war so liebevoll und freundlich: Er half mir, meinem Kontakt zu telefonieren. Er organisierte ein Taxi, lud mich sogar zu sich heim ein und gab mir gut zu essen. Ich war überwältigt. Er erzählte, dass er gerade aus Mekka zurückgekommen sei und darum sehr müde. Dann erfuhr ich seine Lebensgeschichte, tragisch und traurig. Er ist kein praktizierender Moslem, glaube aber, dass eine Reise nach Mekka ihm in seiner Situation Erleichterung schaffen könnte. Am Schluss betete ich sogar für ihn und mit ihm, obwohl er Moslem ist, und ich ihm sagte, dass ich Christ sei. Er wollte das! Was mir hängen blieb, ist, dass er eine so grosse Liebe hatte, nicht nur in Worten und Gesten, sondern in der Tat! Gott musste meine generelle Einstellung zu Moslems korrigieren! Sie war nicht gut, sie war lieblos. Auch wenn es andere Moslems gibt, die Angst und Schrecken verbreiten, gibt es auch solche, die in ihrer Menschenliebe vorbildlich sind.
Die Liste an Taten der Liebe könnte unendlich weitergeführt werden. Die Gesellschaft, die Menschen um uns herum, erwarten irgendwie, dass Christen Liebe verschenken. Leider wird das auch oft missverstanden bzw. missbraucht. «Der ist Christ, da kann ich was holen», habe ich schon von Drogenabhängigen gehört. Als ich einmal ein Heim, in dem ehemalige Delinquenten wohnen konnten, leitete, klingelte eines Tages jemand. Als ich die Tür öffnete und fragte, was er wolle, sagte er nur, er brauche Geld. Die Alkoholfahne signalisierte mir, wofür er das Geld wahrscheinlich ausgeben würde. Ich sagte ihm, er könne in der Küche mithelfen, dann würde er etwas bekommen. Wütend zog er von dannen. Vorsicht also! Wir sollen überschwänglich schenken und Liebe erweisen, aber nicht naiv und dumm sein. Denn wenn ich einem Abhängigen Geld gebe, helfe ich ihm nur tiefer hinein in sein Unglück!
Das, was der Mensch an Liebe hervorbringt, ist die eine Seite der Liebe: Die Liebe zu den Menschen. Die andere ist die Liebe Gottes, die es uns ermöglicht, nicht nur die zeitlich begrenzte Dimension eines Menschlebens zu sehen, sondern auch die, die über sein irdisches Wohlergehen hinausgeht. Die Heilsarmee hat schon von Anfang ihrer Gründung her erkannt, was es braucht: Soap, Soup, Salvation – Seife, Suppe, Seelenheil!
Als Jesus gefragt wurde, was das höchste Gebot sei, sagte er: «Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen…» und dann kam: «und deinen Nächsten wie dich selbst». Er betont dazu, beide Gebote sind gleich wichtig. Man kann nicht seinen Mitmenschen hassen und zugleich Gott lieben oder umgekehrt. Kann ich überhaupt Gott lieben? Meine Liebe wird doch nie reichen?
Wirklich zu lieben ist nicht leicht; es kann sogar sehr anstrengend sein, ja sogar mit großem Leiden verbunden sein. Um diese Liebe zu haben, dass einem auch bei aller irdischen Hilfe die Ewigkeit für den anderen wichtig ist, brauchen wir eine göttliche Liebe. Es ist unmöglich aus sich selbst heraus solch eine Liebe hervorzubringen. Als Christus am Kreuz starb, hat er uns zeigen wollen, wozu die Liebe fähig ist. So heißt der bekannte Vers aus Johannes 3,16: «So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern ewiges Leben haben.» Dazu heißt es im Römerbrief 8,32: «Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben, wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?»
Bevor wir hingebungsvoll lieben können, brauchen wir die göttliche Liebe! Wer durch Glauben zu dieser Liebe hindurchbricht, erkennt die Grösse dieser Liebe. Gott erfüllt uns mit dieser Liebe und erzieht uns darin. Im 1. Korintherbrief, aus dem ja die Jahreslosung genommen wurde, schreibt Paulus ein ganzes Kapitel lang, Kap.13, über diese Liebe und sagt u.a.:
«und hätte der Liebe nicht, so wär’s mir nichts nütze…» Natürlich können Menschen lieben, ohne diesen Glauben an Christus zu haben, aber wenn wir diese Liebe haben, «kämpfen» wir auch dafür, dass andere Christus finden, der Gottes Liebesbeweis ist. 1.Johannes 4,10 heißt es: «Darin besteht die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden.
Menschen brauchen auch Vergebung für das, was sie in ihrem Leben falsch gemacht haben. Wenn ich an mein Leben zurückdenke, waren da viele Dinge, die richtig böse waren. Erst als ich erlebte, wie Gott vergibt, wurde ich frei davon. Ohne Gottes Wirken an uns, würden wir wahrscheinlich einfach so weitermachen.
Wer liebt, bleibt im Einflussbereich Gottes. Wer Gott liebt und seine Liebe erfährt, kann durch sein Leben und durch seine Liebe zu den Menschen auf eine noch größere Liebe hinweisen: die vollkommene ewige Liebe Gottes!
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