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Du bist ein Gott der mich sieht (8)

Autorenbild: Roland BrunnenkantRoland Brunnenkant

Aktualisiert: 8. Okt. 2023

Text: Stefan Glättli, Facharzt FMH für innere Medizin, Thomaskirche, Basel (CH)


Du bist der Gott, der mich sieht. 1.Mose 16.13

O Gott! Diese Jahreslosung löst in mir so zwiespältige Gefühle aus. Möchte ich denn von Dir gesehen werden? Ja schon – aber bitte schau vor allem meine guten Seiten an. Meine Schwächen, meine Unsicherheiten und Zweifel, die verberge ich vor meinen Mitmenschen ja auch. Also übersehe diese doch lieber. Du bist ja ein barmherziger Gott! - Ist denn das wirklich barmherzig, liebend, wenn du nur meine Sonnenseiten wahrnimmst? Wie war denn das bei der Hagar? Hast du gesehen, wie hochmütig sie sich gegenüber ihrer Herrin, der Sarah, verhalten hat? Nun musste sie eben auch die Konsequenzen tragen. Na gut – diese waren schon sehr hart. Die Situation von Hagar war echt beschissen! Ja ich finde es richtig, dass du dich ihrer angenommen hast. – Es steht mir jedoch gar nicht zu, dein Handeln zu beurteilen. Wer bin ich denn? Ein Mensch – manchmal eingebildet, stolz. Ich kann auch verständnisvoll sein. Ich kann gut zuhören. Aber eigentlich bin ich bedeutungslos. Es ist kaum der Wert, dass du auf mich siehst. Und doch sehne ich mich danach. Ich habe das tiefe Bedürfnis, von dir gesehen, von dir angenommen zu sein – gerade dann, wenn ich mich als schwach und unbedeutend erlebe.

Der Auftrag, den du Hagar gegeben hast, war ja happig: Umkehren, Zurückkehren zu Sarah, welche sie so schlecht behandelt hatte. Würde ich eine solche Umkehr schaffen? Ich weiß es nicht. Wenn ja, dann nur mit deiner Hilfe!

O du liebender Gott! Es kommen mir Menschen in den Sinn, welche Tag für Tag erleben, dass du sie siehst, dass du sie umgibst, dass sie von dir angenommen sind. Es sind dies nicht Menschen, welche in unserer Gesellschaft wahrgenommen werden, es sind solche, welche die Schattenseiten des Lebens sehr gut kennen. Zum Beispiel werde ich die Frau, welche wegen ihrer Gelenkserkrankung zum Krüppel wurde und jahrelang mit Schmerzen zurechtkommen musste, nie vergessen. Sie ist mir Vorbild mit ihrem unerschütterlichen Vertrauen und mit ihrer Erfahrung, dass du sie sieht.

Ebenso eine Ex-Junkie, welche trotz allen Problemen in ihrem Leben, am Glauben festhält. Oder die Person, die aus einem aktiven Leben herausgerissen wurde, heute nicht mehr die Kraft hat, Treppen hochzusteigen und doch erzählen kann, wie du ihr Tag für Tag begegnest. Ja diese und andere Menschen sind mir Vorbilder!

Und ich selbst? Ich habe doch auch schon so manches Mal erleben dürfen, wie du mich ansiehst, wie du meine Gebete erhört hast. Wie kann ich das nur vergessen? Hilf mir, dies in meinem Alltag besser wahrzunehmen. Hilf mir, dass ich ein volles Ja habe zu deiner Führung und auch zu deinen Korrekturen, auch dort wo das schmerzlich ist. Hilf mir dankbar zu sein.




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