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Jahreslosung 2023 – auch noch am Ende des Jahres gültig

Autorenbild: Roland BrunnenkantRoland Brunnenkant

«Du bist ein Gott, der mich sieht.» 1. Mose 16,13

  (Untertitel:  Wie? Gott beachtet mich? Bin ich ihm wichtig?)


Text: Fritz Block, reformierter Pfarrer A.D., Finnland

Eine unglaubliche Geschichte, die sich aber im geschichtlichen Zusammenhang durchaus erklären lässt. «Unglaublich» sind die wunderbaren Eingriffe Gottes.

Hagar, eine eher unscheinbare Frau, eine Sklavin Sarais und Abrams (damals hiessen sie noch nicht Sarai und Abraham), eine Abhängige, eine ägpytische Ausländerin, keine Jüdin, Haushälterin ohne Bezahlung, nur ganztägige Arbeiterin für Kost und Logis. Sie war nach damaligen Verhältnissen Besitz! Sarai konnte keine Kinder bekommen – sie war unfruchtbar, Fremdwort: sie litt unter Infertilität - sie überredete ihren Mann mit Hagar, der Sklavin, ein Kind zu zeugen. Das wollte sie dann als ihr Kind adoptieren! Hagar war ihre Sklavin; also gehörte ihr auch ihr Kind. – Es war damals üblich, wenn die Herrenfrau keine Kinder bekam, dass sie über eine Sklavin zu einem Kind kam! - Alles verlief nach Plan, auch wenn es nicht eigentlich Gottes Plan war. Abram, so heisst es, gehorchte seiner Frau, war in dem Sinne Gott gegenüber ungehorsam, weil er Gott nicht vertraute, dass er trotz seines und Sarais Infertilität ein medizinisches und auch geriatrisches Wunder tun könnte. – Sarai wollte nach rein menschlichen Überlegungen nachhelfen! Sie glaubte in diesem speziellen Fall nicht Gottes unerschöpflichen Möglichkeiten! – Und so kam es, dass Hagar von Abram, der zu der Zeit wohl 85 Jahre alt war und noch zeugungsfähig war, schwanger wurde.

Doch dann, wie es so bei Menschen üblich ist, kam mit der Zeit Neid und Stolz auf. Hagar merkte, dass sie nun mehr Wert und Würde hatte, ja fast Sarai gleichgestellt war. Falls es ein Sohn werden sollte, würde er einmal alles erben. Sie spottete und erniedrigte nun Sarai, was Sarai nicht ertrug und sich bei ihrem Manne wütend beklagte. Interessant ist, dass nun Sarai, die ja den ganzen Plan ausgeheckt hatte, Abram die Verantwortung zuschiebt, statt zu erkennen, dass sie falsch lag. Abram antwortete ihr in Bezug auf Hagar: «Mach mit ihr, was du willst!»Sarai nutzte ihre Stellung als Herrin und wollte Hagar demütigen. Im hebräischen Zusammenhang meint das auch: Sie wollte Hagar züchtigen. Hagar floh daraufhin in die Wüste (Hagar kommt übrigens vom Wort, das «fliehen, Flucht, Fremdling, Asylantin bedeutet). Nun ist die Wüste der ungeeignetste Ort für eine Schwangere. Dort starb man eigentlich vor Hitze und Durst! Also bleibt man dort, wo Wasser ist. Hagar setzt sich an eine Wasserquelle. Da geschieht das erste Wunder: Der Engel des Herrn – es ist wohl Gabriel – erscheint und redet mit ihr: Sie soll umkehren und sich unterordnen! Wenn Gott uns begegnet, ist oft die Folge, dass wir umkehren müssen. Wir können nicht so weitermachen wie bisher! Wir sollen uns unterordnen!

Der Engel stellt übrigens eine interessante Frage: Wo kommst Du her und wo willst du hin? - Das fragt Gott auch uns? Wo kommst du her – was hast du bisher gemacht? Welche Wege bist du bisher gegangen? Und dann: Was hast Du vor - was sind deine Pläne? Wohin gehst du? - Es sind die Fragen nach dem Sinn des Lebens und nach unserer Verantwortung! Wofür lebst Du? Worauf verwendest Du Deine Zeit und Energie? Kann ich das alles vor Gott verantworten?

Letztlich: Wer bist du? Was machst du eigentlich? Bist Du in dem, was Gott für dich vorgesehen hat? - Das Wort Sünde bedeutet im Griechischen «Hamartia»: Das Wort wurde benutzt, wenn jemand beim Bogenschiessen die Scheibe nicht traf – Zielverfehlung! Gibt es Zielverfehlung in deinem Leben? - Wir sollen uns danach ausstrecken, das Ziel des Lebens nicht zu verfehlen, sondern anzustreben: Trachtet zuerst nach Gottes Reich und seiner Gerechtigkeit, so wird euch das andere alles zufallen, heisst es in Matth. 6,33.

Zurück zu der Aufforderung des Engels an Hagar, letztlich der Aufforderung Gottes an uns: Kehre um! Was für eine Demütigung: Umzukehren und zu sagen, ich liege falsch! Der Stolz des Menschen wird gedemütigt. Ich liege falsch! Es war falsch, was ich gesagt habe. Es war falsch, was ich gemacht habe. Ich hätte das nicht sagen sollen, ich hätte das nicht tun sollen…

Kennt Ihr das? Und doch, wie viele Menschen sind bereit, sich zu demütigen, sich zu erniedrigen, zuzugeben, dass sie falsch lagen. Die Bibel sagt dazu: «Wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden!» Die Belohnung ist, dass Gott uns erhört. Er weiss, wer ich bin; er sieht, wo ich stehe. Gott macht mir Mut, indem er mir grosse Versprechen gibt. Gott macht keine grossen Worte einfach nur so. Er hält, was er verspricht, immer, weil er Gott ist! Für ihn ist es kein Problem, uns reichlich zu segnen! So auch bei Hagar! Natürlich muss sie zurück zu ihrer Herrin, zurück zu den schweren Tagesarbeiten, zurück zur täglichen Plage. Aber sie hat für ihre Zukunft Gottes grosse Versprechen: Deine Nachkommen werden so zahlreich, dass man sie nicht zählen kann. Welche Mutter würde sich das nicht wünschen. Erfolgreiche Nachkommenschaft! Wenn wir bereit sind, umzukehren, werden wir auch unglaubliche Zukunftsaussichten haben, auch wenn der Alltag nicht immer einfach ist.

Hagar jedenfalls bricht zu einem lebendigen Glauben durch. Der Engel, die Fragen, die Zusagen Gottes! Plötzlich begreift Hagar: Es gibt einen persönlichen Gott für alle! Er kennt mich und sieht auch meine Nöte und Schwächen! – Er weiss, wer ich bin und wo ich stehe! Dann spricht Hagar: Du bist ein Gott, der mich sieht! Gott ist nicht mehr eine religiöse Grösse, weit entfernt, sondern ein «Du», ein Gegenüber!

Interessant ist, dass Hagar sagt: Ich habe hinter dem hergesehen, der mich angesehen hat! – In der Bibel gibt es viele Jahrhunderte später nur eine weitere Person, die das erleben durfte: Mose! Gott spricht zu ihm: Du darfst hinter mir hersehen, denn mein Angesicht kann man nicht sehen! (2. Mose 33). Diese Ehre wurde also Hagar zuteil. In Christus allerdings konnte jeder Gott sehen! Als der Jünger Philippus ihn fragt, «Zeige uns den Vater!», antwortet Jesus: «Wer mich sieht, der sieht den Vater.»

Wie geht es uns? - Ist das nicht unglaublich, gewaltig, wenn wir merken, dass Gott uns sieht? - Ich bete und unser treuer Gott sieht die Situation und erhört! - Er sieht uns, nicht nur hin und wieder, beständig, immer hat er uns im Blick! Dieses Wissen soll mir Mut machen, ich bin nicht allein! Das ist ein Brunnen des Lebens. So wurde denn auch der Brunnen, bei dem Hagar dem Engel begegnet: Brunnen des Lebendigen, der mich sieht, genannt! Es heisst nicht, der mich gesehen hat, sondern der mich sieht! Nicht erlebte Vergangenheit, sondern beständige Gegenwart!


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