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Wie die Bibel immer wieder neu zu mir spricht

Autorenbild: Roland BrunnenkantRoland Brunnenkant

Vor kurzem wurde ich wieder einmal von Gott überrascht, indem ich eine Geschichte aus der Bibel plötzlich in einem ganz neuen Licht sah.

Jesus hatte seine Jünger jeweils zu zweit in die Dörfer geschickt, um die Menschen zur Umkehr zu rufen, Dämonen auszutreiben und Kranke zu salben und heilen. Hier setzt unser Text ein:

30 Die Apostel versammelten sich wieder bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. 31 Da sagte er zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus! Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen. 32 Sie fuhren also mit dem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein. 33 Aber man sah sie abfahren und viele erfuhren davon; sie liefen zu Fuß aus allen Städten dorthin und kamen noch vor ihnen an. 34 Als er ausstieg, sah er die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange. 35 Gegen Abend kamen seine Jünger zu ihm und sagten: Der Ort ist abgelegen und es ist schon spät. 36 Schick sie weg, damit sie in die umliegenden Gehöfte und Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen können! 37 Er erwiderte: Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten zu ihm: Sollen wir weggehen, für zweihundert Denare Brot kaufen und es ihnen zu essen geben? 38 Er sagte zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach! Sie sahen nach und berichteten: Fünf Brote und außerdem zwei Fische. 39 Dann befahl er ihnen, sie sollten sich in Mahlgemeinschaften im grünen Gras lagern. 40 Und sie ließen sich in Gruppen zu hundert und zu fünfzig nieder. 41 Darauf nahm er die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten. Auch die zwei Fische ließ er unter allen verteilen. 42 Und alle aßen und wurden satt. 43 Und sie hoben Brocken auf, zwölf Körbe voll, und Reste von den Fischen. 44 Es waren fünftausend Männer, die von den Broten gegessen hatten. (Markus 6,30-44)

Bis jetzt hatte ich immer ein wenig Mühe mit dieser Geschichte, weil ich Mitleid mit den Jüngern hatte. Diese armen Kerle waren total erschöpft, müde und hungrig. Wie schön, dass Jesus ihnen eine Pause gönnen wollte, mit ihnen an einen einsamen Ort fahren und nur mit ihnen Zeit verbringen wollte. Aber dann stehen da am Ufer schon wieder hunderte von Menschen. Also ich wäre da ganz und gar nicht begeistert gewesen. Ganz im Gegenteil! Und was tut Jesus? Er hat Mitleid mit den Menschen, weil sie so orientierungslos waren, ohne Schutz und Fürsorge. Das ist ja sehr liebevoll von Jesus, aber hat er denn seine Jünger total vergessen? Wollte er nicht mit ihnen ganz allein Zeit verbringen und ihnen eine Ruhepause gönnen? Und dann müssen sie stundenlang, immer noch hungrig, Jesus zuhören, wie er lehrt und dann auch noch dafür sorgen, dass über 10’000 Menschen etwas zu essen bekommen. Das fand ich ehrlich gesagt immer total unfair!

Und da hat Gott nun also ganz neu zu mir geredet, genau durch diese Geschichte. Ich durfte an Stillen Tagen teilnehmen. Der Prediger hatte uns aufgefordert, die Augen zu schließen und genau dieser Geschichte zu lauschen, die er ganz langsam vorlas.

Wie ein Film lief diese Szenerie vor meinen inneren Augen ab.

Ich sah, wie die Jünger bereits auf dem Boot ein wenig zur Ruhe kommen konnten. Schließlich mussten ja nicht alle zwölf die ganze Zeit rudern.

Als sie dann am anderen Ufer ankamen und Jesus die vielen Menschen sah, funkelte plötzlich eine neue Möglichkeit auf. Könnte es sein, dass Jesus seine Jünger überhaupt nicht vergessen hatte, sondern beide Gruppen, sowohl die vielen hirtenlosen Menschen, als auch seine Jünger im Blick hatte? Die Jünger kannten die Lehren ihres Meisters bestimmt schon recht gut, weil sie schon vielfach zugehört hatten. Sind sie in diesen Stunden vielleicht etwas abseits unter einem Baum gelegen und konnten sich ausruhen? Hat Jesus die Menschen unter anderem so ausgiebig gelehrt, damit sich die Jünger eine Verschnaufpause gönnen konnten? Vielleicht hatten sie in dieser Zeit auch schon etwas essen können. Jesus fragt sie anschließend: „Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach!“ Fragt er deshalb, weil er nicht weiß, wieviel sie in der Zwischenzeit von den Vorräten gegessen hatten?

Wie auch immer, mir hat diese plötzlich ganz neue Sichtweise geholfen. Jesus hatte nicht nur mit den vielen Menschen Mitleid, sondern auch mit seinen Jüngern. Er hat sie und ihre Bedürfnisse nicht vergessen. Und so ist es auch mit jeder und jedem von uns, jeden Tag. Er vergisst uns nicht; es ist nicht plötzlich etwas anderes wichtiger. Er kennt unsere Bedürfnisse und Wünsche und sieht unser Herz. Nicht immer werden unsere Bedürfnisse so gestillt, wie wir uns das wünschen - aber manchmal schon und nie, gar nie vergisst uns Gott!

Amen!


Gastautorin: Esther Müller, Basel


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